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Kunst mit langer Geschichte – eine Reise von damals bis heute

Von damals ...

Die Geschichte des Scherenschnitts nimmt vor mindestens 2000 Jahren in China ihren Anfang. Genau dort, im fernen Osten, wird diese Handwerkskunst auch heute noch gepflegt. Über Indonesien, Persien und den Balkan gelangte sie dann erst viel später bis nach Mitteleuropa. So ordnet man den ersten europäischen Scherenschnitt dem 15. oder 16. Jahrhundert zu. Damals waren es vor allem Frauen aus der Oberschicht oder Nonnen in Klöstern, welche sich der Kunst widmeten und vorwiegend Porträts, religiöse Sujets, Liebes- oder Freundschaftsbriefe schnitten.

Der erste Scherenschnitt, der immer noch als typisch Schweizerisch gilt tauchte Mitte des 19. Jahrhunderts auf. es war Johann Jakob Hauswirth, der aus schwarzem und buntem Papier erstmals einen Alpaufzug im Simmental schnitt. Damit begründete er eine bis heute lebende Tradition.

... bis heute

Die Region rund um das Saanenland, Simmental und Pays-d’Enhaut ist noch immer für ihre grosse Scherenschnitttradition bekannt: Das Musée du Pays-d’Enhaut in Château-d’Œx beherbergt unter anderem das Scherenschnittzentrum mit der Sammlung des Vereins Scherenschnitt Schweiz, die rund 670 Werke umfasst. Neben dem grossen Archiv, zeigt das Museum auch eine bedeutende Kollektion von Johann Jakob Hauswirth, Pionier des sogenannten traditionellen Scherenschnitts und auch Werke des Künstlers Louis Saugy.

Eine unterschätzte Kunst

Der Begriff Scherenschnitt wird oft ausschliesslich mit Tradition und Brauchtum in Verbindung gebracht. Völlig zu Unrecht. Denn die Künstlerinnen und Künstler arbeiten mit Fantasie, Entdeckungsfreude, mit Formenvielfalt und Ausdruckskraft und beweisen mit innovativen Kunstwerken eindrücklich, dass sie anderen Kunstschaffenden, wie Malerinnen oder Bildhauern, in nichts nachstehen. So gibt es DEN Scherenschnitt nicht. Die kreative Vielfalt reicht vom traditionellen Alpaufzug bis zum dreidimensionalen, vielleicht sogar abstrakten Ornament. Auch vor gesellschaftlichen oder politischen Themen schrecken die Kunstschaffenden nicht zurück. Dabei unterscheidet sich nicht nur ihre Ausdrucksform, sondern auch ihre individuelle Technik, die so einzigartig ist, wie die eigene Handschrift. Viele Künstlerinnen und Künstler brauchen neben verschiedenen Scheren auch Messer, sogenannte Cutter, weshalb sich viele auch Papierschneiderinnen und Papierschneider und ihre Werke demzufolge Papierschnitte nennen.

Anders als andere Kunsthandwerke wird die Technik des Papierschneidens an Schweizer Kunstschulen nicht gelehrt. In der Regel finden Papierschnitte auch keinen Eingang in die bekannten Kunsthäuser, sondern werden in ethnografisch ausgerichteten Einrichtungen, wie Museen, ausgestellt.